Nicht fotogen?
Du denkst, du bist nicht fotogen? Wirst nicht gerne fotografiert? Willst gar nicht fotografiert werden? Und du siehst auf Fotos sowieso immer blöd aus?
Toll und schön bist du hier! Dieser Beitrag ist ganz allein für dich. Im Netz gibt es unzählige Fotogen-Guides und die meisten drehen sich um Tipps und Tricks, was DU tun kannst, damit DU endlich so fotogen wie alle anderen wirst. Weil nämlich alles ganz alleine DEINE Schuld ist.
Dieser Beitrag ist anders.
Denn du bist fotogen. Nicht nur das: du bist super wie du bist und du musst rein gar nichts an dir ändern.
Aber schön der Reihe nach.
Vorab der obligate Disclaimer: Ich bin kein Psychologe. Ich bin Porträtfotograf und spezialisiert auf Menschen wie dich. Nach mehreren hundert Porträtshootings – viele davon mit Menschen, die angeblich nicht fotogen sind – hier für dich meine Gedanken und Erfahrungen.
Ich möchte damit ein paar Vorurteile abschwächen und dir zeigen, dass das fotogen Sein zum grössten Teil nicht an dir liegt.
Schnapp dir etwas zu trinken, mach es dir gemütlich und lies weiter.
Übersicht
Dieser Beitrag hat vier Abschnitte:
- Was bedeutet fotogen?
- Was sind die Gründe, weshalb Menschen nicht fotogen sind und deshalb nicht gerne fotografiert werden?
- Wie gehe ich als Fotograf damit um …
- … und was kannst du tun?
Fotogen, Bedeutung:
Was ist das überhaupt «fotogen»? Wikipedia meint dazu:
«Auf Fotos gut anzusehen, zum Fotografieren besonders tauglich, lohnenswert.»
Lohnen tut sich ein Porträt fast immer. Das wäre auf jeden Fall schon einmal abgehakt. 🙂 Gut anzusehen und besonders tauglich?
100 % subjektiv.
Meine persönliche Meinung dazu: jemand, der sich selbst ist, ist fotogen.
Nicht fotogen, die Gründe:
- Du vergleichst dein Porträtfoto mit deinem Spiegelbild – aber das Foto ist seitenrichtig. Deshalb sieht es anders aus, als du es dir vom Spiegel her gewohnt bist und wirkt dir fremd.
- Dich hat jemand immer wieder angelogen – oft ein Elternteil und dir direkt oder subtil gesagt, dass du nicht schön, nicht perfekt bist.
- Du erkennst dich nicht wieder. Von klein auf trichtert man uns ein, dass wir für ein Foto lächeln sollen, damit wir schön sind. Das lupenreine Aushängeschild von unserer ach-so-tollen, erfolgreichen und glücklichen Familie. Wir verkrampfen uns, weil wir «gut» aussehen wollen. Und den Krampf sieht man den Bildern an.
«Ein echtes, erfülltes Lächeln kommt aus den Augen, nicht von den Zähnen. Und abgesehen davon sehen Menschen auch gut aus, ohne zu lachen. Kurz: Dein Instagram-Reel ist dein Problem, Mami».
- Eigenarten: Es gibt Menschen, die z. B. sehr oft blinzeln. Wenn sie von Laien fotografiert werden, liegt die Chance gefühlt bei 95 %, dass sie aussehen, als ob sie etwas Lustiges geraucht haben. Und wenn man auf fünf von fünf Bildern so aussieht, dann muss es ja stimmen, nicht?
- Veränderung: Wir werden älter, dünner oder dicker und unser inneres Selbstbild hat mit dem Spiegel noch keinen Frieden geschlossen. Oder wir leiden an einer Krankheit, die uns verändert.
- Traumas: Ich meine damit nicht ein einfaches «Oh-ich-sehe-immer-schlechter-als-XY-aus-Trauma». Sondern die Assoziation vom fotografiert werden mit einem Erlebnis, für das Menschen mehrere Jahre in eine Therapie gehen. (Die Fotos von diesem Beispiel sind übrigens toll geworden).
Damit komme ich zum letzten und weitaus häufigsten Grund, weshalb Menschen nicht fotogen sind:
Der, die Fotograf*in ist schlecht.
Mic drop.
Nicht fotogen. Wie ich als Fotograf damit umgehe (Monty Python Version):
Ich gebe dir an allem die Schuld, rate dir dringendst High Heels zu tragen, dich superkrass zu schminken und gebe dir zur Vorbereitung den ultimativen Posing-Guide™ zum zehnjährigen, asketischen Selbststudium auf Dagobah. (Gegen deine E-Mail-Adresse GRATIS zum Download).
Die Abschlussprüfung wird von Meister Yoda höchstselbst durchgeführt. Und erst wenn du ein zertifizierter Selfie-Jedi bist und die Macht des Posings mit dir ist, darfst du mich schüchtern für ein Shooting buchen, anfragen und dich der Foto-Linse stellen.
So einfach ist das. (Ein Witz, das war).
Spass beiseite. 😀
Zu den richtigen Tipps gleich im nächsten Abschnitt.
Hier sind meine richtigen Kniffe:
- Ich achte darauf, dass du dich wohlfühlst: Z. B. wählen wir fürs Shooting ein Ort, der zu dir und der Absicht hinter deinen Bildern passt.
- Du kannst das Fotoshooting aktiv mitgestalten und fühlst dich so viel weniger ausgestellt und ausgeliefert. Teamwork!
- Wir machen einen Spaziergang und sind ständig in Bewegung, das lockert. Das Fotografieren wird zum Nebenbei.
- Ich mache viele, viele Bilder von dir – bei einem grossen Shooting oft über tausend. Es gibt statistisch keine Möglichkeit für uns, das zu vergeigen. Du kannst dich einfach entspannen und brauchst dich null zu bemühen.
- Ich interessiere mich für meine Gegenüber; das Fotoshooting wird so quasi zu einem Kennenlernen mit Kamera, wobei die Kamera immer mehr zur Nebensache wird.
- Ich nehme wenig Equipment mit. Das wirkt viel weniger bedrohlich.
- Meine Kamera stelle ich, wenn immer möglich, auf lautlos. So merkst du’s gar nicht, wenn ich fotografiere. Schau – hundert haben wir schon. 😉
Kurz: Mein Ziel ist, das du dich wohlfühlst und einfach dich selbst sein kannst. Die guten Bilder, das fotogen sein, das kommt dann fast von selbst. Auch bei dir. Für mich ist Porträtfotografie nicht eine technische Angelegenheit, sondern eine menschliche.
Und ja, es gibt Menschen, die länger brauchen, bis sie in den Flow kommen. Aber das sind die wenigsten. Und auch wenn. Das ändert nichts an der Tatsache, dass auch sie fotogen sind.
Sie brauchen nur einwenig mehr Zeit.
… und was kannst du tun, damit du fotogener wirst?
Nach meiner Erfahrung nur drei Dinge:
- Du kannst über deinen Schatten springen und dich auf ein Shooting mit einer kompetenten Fotograf*in einlassen. Schaue dir bei deiner Wahl das jeweilige Portfolio an und entscheide für dich, ob dir der Stil der Arbeiten entspricht. Eine professionelle Fotograf*in ist nicht automatisch eine Porträtfotograf*in.
Überlege dir auch, was dir wichtiger ist: der Preis oder die Bildqualität. Ich meine damit nicht, dass ein Porträt exorbitant viel kosten muss. Aber überlege dir, ob es dir wert ist, dafür zu einer Spezialist*in zu gehen. - Du kannst dich selbst sein.
- Du kannst dich kurz einlesen und dir das Gefühl vermitteln, vorbereitet zu sein.
Alles andere ist nicht dein Problem.
Falls du es mit mir versuchen willst, habe ich hier drei Möglichkeiten für dich:
- Für die kleine Fotophobie (ich fühle mich vor der Kamera einfach es bitzeli unwohl) und das kleine Budget: Der Portraitday.
- Für die durchschnittliche Fotoangst (ein paar schöne Bilder von mir gibts schon): Dein normales, individuelles Porträt-Shooting.
- Für eine umfangreiche und fundierte Fototherapie (aaaaaaaaaaaaaaaaargh): Das ausgedehnte Personal Branding Shooting.
Two last things:
1.
Danke dir herzlich fürs Lesen und für deine Zeit. Ich hoffe, der Beitrag war für dich hilfreich und dass ich dir die Angst vor der Kamera etwas nehmen konnte.
Wirklich: Alle schlechten Bilder von dir sind meine Schuld bzw. die der Fotograf*in – nicht deine. Falls du Anregungen oder Ergänzungen zum Thema hast, schreibe mir bitte. Ich freue mich sehr auf deine Meinung und deine Erfahrung zum nicht fotogen sein!
2.
Alle in diesem Beitrag abgebildeten Menschen dachten von sich, dass sie nicht fotogen sind oder sie hatten zum Teil grosse Mühe, sich der Kamera zu stellen.
Ich danke ihnen für ihren riesigen Mut und ihr grosses Vertrauen und dafür, dass ich sogar ihre Bilder für diesen Beitrag verwenden darf.